„Ich bin oft sehr unsicher, vor allem in zwischenmenschlichen Situationen. Dann weiß ich nicht, was ich sagen oder wie ich antworten soll (das war schon immer so). Es ist so, als ob ich mir unbedingt wünschen würde, eine Führung durch meine verschiedenen Lebenssituationen zu haben. Wieso fühle ich mich oft so unsicher und was kann ich dagegen machen?“
Die Gründe für deine Unsicherheit in zwischenmenschlichen Situationen reichen aufgrund deiner Feststellung „das war schon immer so“ mindestens bis in deine Kindheit zurück. Für mich bestehen hier zwei grundsätzliche Möglichkeiten, die durchaus auch beide zutreffen können: Du könntest dieses Thema entweder von älteren Generationen übernommen haben, also aus deinem direkten Umfeld, in dem du aufgewachsen bist. Oder aber deine Unsicherheit hat ihren Ursprung in einem oder mehreren Ereignissen in deiner Kindheit.
Wenn du feststellen kannst, dass dein Umfeld, in dem du aufgewachsen bist, vielleicht genauso unsicher war, oder du sogar beobachten kannst, dass diese Menschen auch heute noch unsicher sind, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass du diese Unsicherheit einfach nur übernommen hast, weil man es dir so vorgelebt hat. Sobald du in der Lage bist, dies festzustellen, wird es dir leichter fallen, diese Unsicherheit mit Distanz zu betrachten. Die Distanz baut sich dann sogar automatisch auf, weil du dich weniger mit der Unsicherheit identifizierst. Damit meine ich, dass es leichter ist, ein Thema beispielsweise deiner Eltern anzuschauen als ein eigenes, weil eine Distanz so von vornherein gegeben ist. Dies kann dich selbst darin bestärken, dich in unsicheren Phasen zu beobachten und festzustellen, ob du Verhaltensweisen deines Umfeldes wiederholst. Dies ist eine Möglichkeit, deine Unsicherheit zu hinterfragen und aus neuen Perspektiven zu betrachten. Und mit dieser gewonnenen Distanz und in der Beobachterrolle wird die Unsicherheit anders herum dich auch immer weniger dominieren. Du kannst dieses Gefühl dann mit Abstand sowie mit Interesse genauer untersuchen und beobachten, während es dich gleichzeitig nicht länger in Besitz nimmt.
Wenn deine Unsicherheit hingegen nicht auf dein Umfeld sondern auf konkrete Ereignisse in deiner Kindheit zurückzuführen ist, dann ist der Blick darauf aus der zuvor beschriebenen Distanz ebenso möglich als auch nötig. Allerdings kann es in diesem Fall schwerer sein, Distanz zu deiner Unsicherheit aufzubauen. In solchen Fällen identifizierst du dich nämlich viel stärker mit dem Gefühl der Unsicherheit. Dies hängt damit zusammen, dass die Unsicherheit fest an das auslösende Ereignis gekoppelt ist, welches in deinem Unterbewusstsein als Energiekörper verborgen liegt. Denn das Ereignis hat in einem solchen Fall die Unsicherheit erst hervorgerufen und anschließend in Gang gesetzt. Es ist jedoch auch in solchen Fällen möglich, in Phasen von Unsicherheit einen Schritt zurückzutreten und die Rolle des Beobachters einzunehmen. Deine Aufgabe besteht also darin, deine Unsicherheit genau zu untersuchen und sie tiefer kennenzulernen. Wann tritt die Unsicherheit auf und was geschieht konkret in einer solchen Situation mit dir und deinem Körper? Je mehr du über dich, deine Unsicherheit und dein Bezug zu ihr in solchen Momenten wahrnehmen kannst, desto mehr gewinnst du Distanz zu dem Gefühl.
Ganz unabhängig davon, ob du zu deiner Unsicherheit schon Distanz hast aufbauen können und sie beobachten kannst, oder ob das noch nicht der Fall ist, kannst du jederzeit beginnen, dich in diesen Phasen mit mehr Neugier und Offenheit zu beobachten – so als ob du dich wie eine andere Person von außen betrachtest. Schaue dich dann aus verschiedenen Perspektiven an, ändere immer wieder den Blickwinkel, damit du Distanz herstellen kannst. Diese Distanz ist wichtig, weil auf diese Weise die Identifikation mit der Unsicherheit unterbrochen wird, und sei es anfangs nur für wenige Augenblicke. Gleichzeitig wird der Zustand des Beobachtens das Gefühl der Unsicherheit ändern und zugleich verringern. Das Ergebnis sollte sein, folgendes zu erkennen: Du bist nicht das Gefühl, sondern du hast es. Und was du hast und dir nicht gefällt, das kannst du leichter ablegen und hinter dir lassen.
Allein das Beobachten und Betrachten der Unsicherheit verändert schon dieses Gefühl. Je mehr du in diese Beobachterrolle kommen kannst, das heißt je mehr Details du über die Unsicherheit und dich in Bezug zu ihr herausfinden kannst, desto achtsamer bist du. Und in diesem Raum der Achtsamkeit geschieht Heilung, ohne dass man mehr dafür tun muss – ganz unabhängig davon ob deine Unsicherheit auf das Umfeld deiner Kindheit oder auf spezifische Ereignisse in ebendieser zurückgeht. Die Suche nach dem Auslöser ist allerdings weniger wichtig, als das Gefühl mit Distanz zu beobachten. Sie soll lediglich dabei helfen, Ängste vor diesem Gefühl abzubauen und es kennenzulernen. Dein Indikator, wie sehr es dir gelingt, dich und die Unsicherheit von außen zu betrachten, wird sein, wie schnell dieses Gefühl in der entsprechenden Situation an Intensität verliert, schließlich gar nicht mehr auftritt und du stattdessen mit Präsenz erscheinst.
Ich wünsche dir Mut und Kraft, diesen Prozess zu durchlaufen und dich darin zu üben, die Unsicherheit loszulassen.
-Deine Diana Hellers-
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