„Ich fühle mich immer allein. Ich stelle immer wieder fest, dass Freunde und Familie sich nur dann bei mir melden, wenn es ihnen schlecht geht. Dann helfe ich ihnen und wenn es ihnen besser geht, verschwinde ich wieder aus ihrem Fokus. Meine Anregungen auf Treffen verlaufen sich im Nichts und werden ignoriert. Ich erkenne inzwischen, dass ich mich schon immer intensiv darum bemüht habe, mit mir wichtigen Menschen mehr zu tun zu haben, von ihnen aber wesentlich weniger zurückkommt. Sie kommen, wenn es ihnen schlecht geht und sie mich brauchen, aber für den netten Zeitvertreib werden andere Freunde eingeladen. Was mache ich falsch?“

Um zu verstehen, warum du dich heute in der von dir beschrieben Lage befindet, musst du einen Blick zurück in deine Kindheit werfen. Als Kinder passen wir uns der Außenwelt, insbesondere der eigenen Familie, sehr stark an, um dazu zu gehören. Diese Anpassung im frühen Kindesalter führt in der Regel dazu, dass wir uns und unsere Gefühle und Bedürfnisse zurückstecken und wir vernachlässigen das, was wir sind und in uns tragen. Mit diesem Vernachlässigen unseres Inneren versuchen wir einem Bild zu entsprechen, das den Familienmitgliedern entspringt und entspricht und erhoffen uns dadurch, besser in der Familie angenommen zu werden und unseren nahestehenden Familienmitgliedern näher zu kommen.

Dies ist ein unbewusster Prozess, bei dem wir unsere Wahrheit und unser Inneres von uns abtrennen und vergessen. Anstelle nehmen wir das an, was von anderen Familienmitgliedern von außen als Erwartung an uns herangetragen wird. Dies entspricht oft gewissen Verhaltens- und Denkweisen, die von uns erwartet und gefordert werden. Wir entsprechen also schlussendlich mehr den anderen Familienmitgliedern und deren Vorstellungen, als uns selbst.

Dieser Prozess, keine andere Wahl zu haben, als uns anpassen zu müssen, ist für uns sehr schmerzhaft und zwingt uns, diese Erfahrungen sehr früh von uns abzutrennen, so dass wir dies nicht länger bewusst erleben müssen. Fast alle Menschen in unserer Gesellschaft durchlaufen diesen Prozess, da es sehr wachsame, achtsame und freie Eltern bedarf, um dies zu vermeiden.

Du bist mit deinen Erfahrungen also keineswegs allein. Diese Mechanismen der Anpassung sind Automatismen, die von Generation zu Generation ungefiltert weitergeben werden. Deine Familienmitglieder, aber auch deine Freunde, sind blind dafür. Erst eine Bewusstwerdung und Bewusstseinserweiterung kann diesen Prozess durchbrechen und unterbrechen.

Durch deinen Bewusstwerdungs- und Entwicklungsprozess bist du dabei, ein solches Verhalten in deiner Familie zu erkennen. Das bedeutet, dass du die Blindheit deiner Familie an dieser Stelle verlierst und diese unbewusste Gemeinsamkeit nicht mehr mit ihnen teilst. Deine Familie hingegen hält gerade wegen dieser Blindheit weiterhin an ihren gewohnten Mustern und Verhaltensweisen fest, da alles, was du jetzt hinterfragst, für sie weiterhin „normal“ ist.

Jedoch berührst du auch heute noch, so wie du es beschrieben hast, bei jeder Ablehnung von Seiten deiner Freunde oder Familie diesen Schmerz deiner Kindheit aufs Neue. Du kommst jedes Mal, wenn du dich um einen Menschen bemühst, aber viel weniger zurückkommt, in die bewusste Begegnung mit deinen alten Themen, also der Zeit, in der du dich selbst der Nähe zu deiner Familie wegen, deinen Familienmitgliedern angepasst und dich vernachlässigt hast.

Du erkennst aber auch die Verhaltensweisen der anderen, was bedeutet, dass du nicht mehr unbewusst in der Rolle von früher funktionierst. Das ist im Grunde sehr positiv und zeigt dir auf, dass du dich entwickelst und diese alten Muster hinter dir lässt. Dem alten Schmerz dabei noch zu begegnen, ist insofern unvermeidbar, da heute die Selbstverständlichkeit, wie dich andere benutzen, wenn sie dich brauchen, für dich immer bewusster stattfindet. Gleichzeitig hörst du durch dieses Bewusstwerden jedoch auf, anderen nachzulaufen und weiter in diesen Mustern zu funktionieren.

Nimm diese Situation jetzt so an, wie sie ist. Akzeptiere sowohl die anderen in ihrem Verhalten, aber auch deinen Schmerz und das, was all dies mit dir gemacht hat. Komme voll und ganz in dieser Außenseiterrolle an – so seltsam das auch klingen mag. Denn nur so wirst du dich mit dir verbinden und in eine komplett neue Richtung ausrichten können.

Unsere Freunde suchen wir uns in der Regel unbewusst nach dem Muster aus, wie wir es in unserer Familie gelernt haben. Wenn du also deinen Familienmitgliedern nachlaufen musstest, dann wirst du automatisch auch solche Freunde und Bekannte, die sich genauso verhalten, in dein Leben ziehen. Damit wiederholst du das Leid deiner Vergangenheit und bleibst in deinen (von außen auferlegten) Mustern gefangen und hast ständig das Gefühl, im Leben nicht voran zu kommen.

Erst jetzt wird durch dein Erkennen eine Veränderung überhaupt erst möglich, auch wenn sich der Prozess schmerzhaft anfühlt. Wenn deine jetzigen Freunde nach solch einem Entwicklungssprung nicht mehr zu dir passen, wird sich eure Verbindung zwar lösen. Du kannst jedoch darauf vertrauen, dass andere Menschen in dein Leben finden, die vielleicht über ganz andere Eigenschaften verfügen, nach denen du bei deinen jetzigen Freunden vergeblich suchst. Deine Familie lässt sich zwar nicht ersetzen, dennoch wirst du auch hier ein Gefühl dafür entwickeln, dir gegenüber ehrlich zu bleiben, auf Gleichgewicht zu achten und weniger Kontakt in Kauf zu nehmen, wenn von ihnen weniger kommt.

Versuche außerdem soweit bei dir anzukommen, dass du deinen Freunden und Familienmitgliedern nur noch dann hilfst, wenn du dich im Reinen damit fühlst. Das heißt, wenn es Tage gibt, an denen sie sich an dich wenden, es für dich aber unpassend ist, dann sei es dir wert, dies auch zu verneinen und dich nicht länger selbst zu übergehen, nur um in diesem Moment wieder dazu gehören zu können. Lasse los, erst recht, wo du jetzt zu solchen Erkenntnissen gekommen bist und nimm stärker die Beobachterrolle ein. Beobachte, wann dir jemand gut tut und mit dir Zeit verbringt, weil er gerne mit dir zusammen ist. Und biete deinen bisherigen Freunden nur dann deine Hilfe an, wenn du dich frei danach fühlst. Sei es dir auch wert, einmal abzusagen, wenn du beispielsweise gerade Zeit für dich brauchst. Nimm dich hier wichtiger und übergehe dich nicht länger, wie es deinem alten Muster der Kindheit entspricht. Es würde dich langfristig unglücklich machen.

Dieser Prozess der eigenen Wertschätzung ist sehr kraftvoll. Sei darauf gefasst, dass es dir in solchen Situationen sogar schwer fallen kann, dich selbst zu lieben. Denn als Kind warst du beliebter und wurdest eher akzeptiert, wenn du den Wünschen anderer mehr entsprochen hast. Deine Aufgabe besteht jetzt darin, auch bei Ablehnung mit dir im Reinen zu sein und dich so anzunehmen, wie du bist. Nur dann finden Menschen zu dir, die einfach so und ohne Gegenleistung gerne Zeit mit dir verbringen und nicht nur dann, wenn sie dich brauchen.

-Deine Diana Hellers-

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Nur gut genug für die Probleme anderer, Diana Hellers