In diesem Artikel wollen wir uns etwas näher mit dem Begriff der Opferrolle beschäftigen und schauen, inwiefern uns dies helfen kann, schwierige Lebenssituationen besser zu meistern beziehungsweise gar nicht erst in diese hineinzugeraten.

Viele Menschen haben eine recht konkrete Vorstellung davon, was mit dem Begriff der Opferrolle gemeint ist. Ein Beispiel mag dies veranschaulichen: Bei einem Ereignis sind zwei Menschen anwesend. Einer der beiden ist der Stärkere und übt seine Macht über den anderen aus. Der Schwächere verfällt in eine Opferrolle. Eine solche Situation wird auch oft mit kriminellen Taten in Verbindung gebracht, bei denen es eben einen Täter und ein Opfer gibt. So in etwa lautet die allgemeine Vorstellung dessen, was unter einer Opferrolle zu verstehen ist.

Ich möchte nun aufzeigen, dass diese Perspektive zu eingeschränkt ist und ein breiteres Verständnis von einer Opferrolle richtiger wäre. Unser Beispiel verdeutlicht, dass eine Opferrolle oft nur auf der äußeren Ebene betrachtet wird. Das ist jedoch zu einseitig und wird der Sache nicht gerecht. Da das Thema Opferrolle oft nur auf dieser äußeren Ebene betrachtet wird, gehen viele fälschlicherweise davon aus, nichts damit zu tun zu haben, sofern sie nicht in solche Situationen verwickelt werden. Entweder wird das Thema insgesamt ignoriert oder unbewusst gehofft, davon im eigenen Leben verschont zu bleiben. Und damit bleibt eine Verbindung zum Thema Opferrolle weiterhin unbewusst, obwohl dennoch eine Verbindung besteht.

Warum ist das so? Es lohnt sich sehr, sich mit diesem auf den ersten Blick doch eher unangenehmen Thema etwas ernsthafter auseinanderzusetzen. Hierbei ist insbesondere die innere Auseinandersetzung mit sich selbst und der Opferrolle gemeint. Wir sind nämlich wesentlich öfters in der Opferrolle, als uns bewusst ist. Viele Situationen in unserem Leben, bei denen wir annehmen, nichts ändern zu können, oder von denen wir glauben, ihnen wehrlos und schutzlos ausgeliefert zu sein und wir deshalb vorschnell resignieren, gehen genau darauf zurück: unsere innere Opferrolle.

Wie können wir uns das vorstellen? Wie sieht ein solches Verhältnis zwischen uns und unserer Rolle als Opfer in uns aus? Wenn wir uns in einer äußeren Situation befinden, die ungewollt eine starke Emotion in uns hervorruft, und wir glauben, dem schicksalshaft ausgeliefert zu sein, kommen wir der Sache schon sehr nah. Das Innere ist, wie so oft, der Ort, auf den wir unseren Blick richten müssen. Es ist der unabdingbare Weg, sich nachhaltig mit dem Thema auseinanderzusetzen. Nur hier können solche Themen aus dem Unbewussten ins Bewusstsein gebracht werden und uns begegnen. Und auch nur hier können sie in der Tiefe geheilt werden. Eine Bewusstwerdung bringt immer einen Heilprozess in Gang.

Versuchen wir uns vorzustellen, was emotional in uns geschieht, wenn wir in eine Situation gelangen, in der wir uns in einer inneren Opferrolle wiederfinden. Dies kann in sehr unterschiedlichen Lebenssituation passieren, keineswegs nur in kriminellen Handlungen. Auslöser kann ein Streit mit einem Freund sein, eine Kränkung auf der Arbeit oder etwa das Gefühl, in einer fordernden Situation von unserem Partner nicht verstanden zu werden. Immer dann, wenn in uns etwas in Unruhe gerät, in Wut, Angst, Zorn oder Wallung, ohne dass wir uns bewusst und aktiv für eins dieser Gefühle entschieden haben, müssen wir genauer hinschauen. Grundsätzlich gesehen sind solche Gefühle ein hilfreiches inneres Warnsignal. Sie dienen als Indikator, etwas in unserem Leben zu ändern und solche (krankmachenden) Situationen nach und nach aus dem Leben zu verbannen. Wenn wir diese Gefühle nicht als Anlass für Veränderung nehmen, wird erst einmal alles beim Alten bleiben. Und nicht nur das: Wir werden derlei unangenehme Situationen, wie die beispielhaft genannte Kränkung auf der Arbeit, höchstwahrscheinlich wieder und wieder erleben und immer wieder mit den zugehörigen Gefühlen konfrontiert. Solche Erfahrungen werden im Laufe des Lebens auch an Intensität zunehmen.

Wenn wir uns gefühlt dauerhaft in einer bewussten oder unbewussten Opferrolle befinden, kann uns dies auf lange Sicht krank machen. Außerdem werden wir auf unbewusstem Wege noch weitere Ereignisse in unser Leben ziehen, die uns immer wieder unser Inneres, also diese plötzlichen und unerwünschten Emotionen, die in uns schlummern, vor Augen führt. Es beginnt schon bei ganz alltäglichen Situationen: Wenn uns beispielsweise etwas wütend macht, dann sind wir bereits in einer inneren Opferrolle und Opfer unserer eigenen Wut. Und hier werden wir im äußeren Leben stecken bleiben, wenn wir nicht mit dem Gefühl arbeiten. Unser Leben wird uns dann wieder und wieder in Situationen führen, in denen wir wütend werden. Sowohl die Situationen als auch unsere Wut werden sich mit der Zeit zuspitzen, und zwar so lange, bis wir eine Änderung in unserem Inneren – und nur dort! – vornehmen.

Bevor wir darauf eingehen, wie eine solche Arbeit aussehen kann, sei noch darauf hingewiesen, dass die Lösung keineswegs darin besteht, die genannten Gefühle einfach zu ignorieren und zu versuchen, ihnen auf diese Weise die Kraft zu entziehen. Dieses „Nicht-mehr-Hinschauen“ wird nicht funktionieren. Unser Inneres lässt sich nicht so leicht austricksen. Es ist genauer gesagt sogar Betrug an uns selbst. Weitere negative Erlebnisse, die das Leben in Ohnmacht halten werden, sind dann die logische Folge.

Zum Schluss wollen wir noch kurz darauf eingehen, wie die eigene Arbeit mit dem Gefühl der inneren Opferrolle aussehen kann. Mit einem Gefühl zu arbeiten, bedeutet etwa am Beispiel der Wut, diese vollkommen zuzulassen. Das Feuer in uns einfach mal im Ganzen zu spüren. Ohne Einschränkungen, ohne Rücksicht auf Verluste. Es ist nur ein Gefühl. Es bedeutet auch, dem nachzugehen, wie es unseren Organen eigentlich nach einer gefühlten Wut geht, wie es um unsere innere Ruhe und Mitte steht, wie die Schlafqualität nach solch einem Wutgefühl ist und so weiter. Das Nachspüren auf immer tieferen Ebenen zulassen, bis sich eine Bindung zu dem Gefühl löst. Wenn wir das in voller Tiefe in uns schaffen, wird sich im Äußeren etwas ändern und man wird uns danach anders begegnen. Und, um beim Beispiel der Wut zu bleiben, vielleicht respektvoller mit uns umgehen, freundlicher, positiver, was dann dazu führt, dass es irgendwann gar keinen Grund mehr gibt, wütend zu werden.

Diese kurzen Denkansätze und Tipps zum Gefühl der Opferrolle können bereits helfen, das Thema in uns zu erkennen und Stück für Stück in die Heilung zu bringen.
Ich wünsche euch steten inneren Frieden und stets im Reinen mit euch zu sein.

-Eure Diana Hellers-

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Opferrolle, Diana Hellers