Interview mit Jan Bredack | Veganz

Es kommt immer wieder vor, dass meinen Klienten von ihrem Arzt eine überwiegend vegane Ernährung empfohlen wird. Damit sind manche jedoch vollkommen überfordert, fühlen sich allein gelassen und in ihren Möglichkeiten, das Leben und das Essen zu genießen, stark eingeschränkt. Um den Einstieg in eine vegane Ernährungsweise zu erleichtern und die Gründe dafür zu erläutern, habe ich für euch Jan Bredack interviewt. Jan ist der Gründer des Unternehmens Veganz. Er berichtet uns von seinem Weg zum Veganismus und erläutert die Vorteile einer veganen Ernährung. Er zeigt auf, dass mit veganen Lebensmitteln sehr leckere, spannende und vielfältige Geschmacksrichtungen kreiert werden können, ohne dass man sich einschränken muss. Jan verdeutlicht auch, dass vegane Ernährung keineswegs bedeutet, herkömmliche Produkte nur durch pflanzliche Ersatzprodukte auszutauschen.

Lieber Jan, bitte stelle dich und Veganz meinen Lesern kurz vor.
Ich bin in der ehemaligen DDR geboren und aufgewachsen und habe nach einer Ausbildung im KFZ-Handwerk und einem BWL- und MBA-Studium sehr lange Zeit als leitender Angestellter bei Daimler gearbeitet und in dieser Zeit unter anderem ein Werk in Russland aufgebaut. Im Jahr 2008 erlitt ich einen Burn-Out und wandelte mein Leben radikal – ich gab meine Arbeit bei Daimler auf, stellte meine Ernährung um und lebte fortan vegan. Im Jahr 2011 gründete ich dann Veganz mit einem ersten Supermarkt im Prenzlauer Berg in Berlin. Heute ist Veganz DIE Marke für pflanzliche Lebensmittel. 2015 brachten wir unsere eigene Produktlinie auf den Markt, welche sich enormer Beliebtheit erfreut und mit viel Innovationskraft und Geschmack beständig ausgebaut wird. In Europa sind die Artikel von Veganz bereits in über 7.000 Märkten erhältlich – Tendenz immer weiter steigend!

Wie bist du dazu gekommen, eine vegane Supermarktkette zu gründen?
Noch bevor ich bei Daimler aufgehört habe, habe ich die Angebote in den Supermärkten, Onlineshops und Reformhäusern studiert und musste im Hinblick auf meine eigenen Bedürfnisse und meine Bequemlichkeit feststellen, dass es sehr mühsam und gar nicht verbraucherfreundlich ist, garantiert tierleidfreie, pflanzliche Produkte einzukaufen. Bereits hier kam mir die Idee, einen kleinen Laden zu konzipieren, wo man mit einem Besuch, seinen kompletten Lebensbedarf einkaufen kann. Mein Ziel war es schon immer, möglichst vielen Menschen auf der Welt den Zugang zu pflanzlichen Produkten zu ermöglichen – da wir gemerkt haben, dass dies nicht rein durch das Konzept einer Supermarktkette funktioniert, konzentrieren wir uns inzwischen auf unsere Aufgaben als Markenartikellieferant, um die noch junge Marke Veganz aus der Nische „vegan“ in den Regalen des Lebensmitteleinzelhandels langfristig zu etablieren.

Welche eurer Produkte sind echte Verkaufsschlager?
Da könnte man viele nennen! Zum Beispiel unser Veganz Der Keks, der an einen klassischen Butterkeks erinnert. Oder unsere Doppelkekse. Auch unser neuer Kokos Joghurt Hello Coco erfreut sich jetzt schon großer Beliebtheit!

Wie erfüllt ihr Aspekte der Nachhaltigkeit? Habt ihr Vereinbarungen mit regionalen Bauern, Lieferanten, …?
Schon mit unserem obersten Ziel, rein pflanzliche Ernährung großflächig verfügbar zu machen, verfolgen wir das Ziel der Nachhaltigkeit. Denn es ist kein Geheimnis, dass unsere Ernährungsweise auch in direktem Zusammenhang mit dem Klima, der Umwelt und Nachhaltigkeit in diesem Bereich zusammenhängt. Abgesehen davon führen wir über 80% unseres Sortiments in zertifizierter Bioqualität. Bei der Herstellung unserer Veganz-Produkte achten wir auf schonende Verarbeitung, sorgfältige Auswahl der Zutaten und Nachhaltigkeit. Zusatzstoffe werden nur dann verwendet, wenn sie technologisch notwendig sind. Wir kaufen direkt beim Erzeuger. Alle Produkte müssen in Anbieter, Produktion und Verarbeitung nachvollziehbar und nachhaltig sein. Wir wissen, wer hinter dem Produkt steht, woher die Rohstoffe stammen, und versuchen, Transportwege so kurz wie möglich zu halten.

Was für Menschen kaufen überwiegend bei euch ein? Ist deine Supermarktkette nur für Veganer gedacht oder auch für Nicht-Veganer?
Veganer, Vegetarier, Flexitarier – Veganz spricht zunächst eine breite Zielgruppe aller Altersschichten mit individuellen Bedürfnissen an. Nicht nur Veganer greifen zu den Produkten von Veganz, sondern jeder, der Wert auf leckere, qualitativ hochwertige und vor allem gesunde Kost legt, die zudem komplett tierleidfrei ist. Kunden/innen, die zu uns kommen, suchen Produkte, die sie sonst nirgendwo kaufen können und die z.B. die Kriterien der Nachhaltigkeit im besonderen Maße erfüllen. Zudem kommen die Menschen mit Unverträglichkeiten, an erster Stelle Lactose und Gluten, die bei uns eine große Auswahl an Alternativen finden. Nicht ohne Stolz können wir konstatieren, dass wir sehr viele Stammkunden/innen und weltweit Fans haben, die unser Geschäftskonzept gut finden und mit ihren Einkäufen aktiv unterstützen.

Müssen die Angestellten von Veganz vegan leben?
Nein! Zu unseren Grundwerten zählt Toleranz. Wir sind überhaupt nicht dogmatisch und wollen nicht missionieren. Die gleiche Philosophie, die wir nach außen vertreten, gilt natürlich auch für unsere Mitarbeiter! Dennoch, sehr viele unserer Mitarbeiter leben tatsächlich vegan oder vegetarisch, aber das wundert sicherlich wenig…

Veganz ist mittlerweile in immer mehr Lebensmitteleinzelhandel- und Drogerieketten vertreten. Deutest du diesen Erfolg so, dass Veganismus dabei ist, sich in der breiten Masse zu etablieren?
Vegan ist absolut auf dem Vormarsch! Man merkt ja, welch große Aufmerksamkeit das Thema momentan überall bekommt – und die Zahl an Vegetariern und Veganern steigt immer weiter. Wir merken auch an unserer eigenen Kundschaft, die sich aus allen Bereichen der Gesellschaft und nicht nur aus Veganern zusammensetzt, dass das Thema im Mainstream angekommen ist. Ich bin davon überzeugt: In der veganen Lebensweise liegt die Zukunft! Nicht nur aus gesundheitlichen Gründen für uns Menschen, sondern ebenso für die Rettung unserer Umwelt ist die tierfreie Ernährung der richtige Weg. Und immer mehr und mehr Menschen machen sich Gedanken um ihre Ernährung, sei es aus gesundheitlichen Gründen oder aus moralischen und ethischen Überlegungen. Das wird in Zukunft eher noch zu- als abnehmen.

Ist Veganismus mittlerweile auch in der millionenschweren Lebensmittelindustrie angekommen und etwas, was, auch wirtschaftlich gesehen, nicht mehr wegzudenken ist und womit sich Geld verdienen lässt?
Auf jeden Fall. Zum einem sieht man bei Anbietern, die schon früh einiges an rein pflanzlichen Produkten im Angebot hatten, dass das Angebot immer weiterwächst. Beispiele hierfür sind klassische Bioläden und Reformhäuser. Noch auffälliger ist natürlich, dass auch komplett themenfremde Firmen, wie klassische Wurst- und Fleischproduzenten, auf den vegetarischen und veganen Zug aufspringen. Diese sind zwar von ihrer DNA klar Fleischanbieter, scheinen aber gemerkt zu haben, wie groß das Potential bei rein pflanzlicher Ernährung ist. Das kann man nur unterstützen – denn so kommt pflanzliche Ernährung immer weiter im Mainstream an.

Ist es möglich, wirtschaftlich zu denken und gleichzeitig auf Nachhaltigkeit zu setzen, und wenn ja, wie?
Meiner Meinung nach ist es nicht nur möglich – sondern notwendig! Nicht nur, weil die Kunden auch immer mehr auf den Aspekt Nachhaltigkeit setzen, sondern auch, weil wir nur mit nachhaltigen wirtschaften unsere Umwelt und das Klima auf langfristige Sicht retten können. Ich denke, wir sind ein gutes Beispiel dafür, wie man gleichzeitig ein wirtschaftlich funktionierendes Unternehmen führen kann, dass die Nachhaltigkeit nicht außer Acht lässt.

Mit was konfrontieren dich Kritiker und wie gehst du damit um?
Gerade „alteingesessene Anbieter“ und Teile der veganen Szene, die Veganismus stark mit einem politischen Anspruch verbinden, kritisieren uns oft. Für viele Veganer bin ich der Feind – sie sehen mich als Vertreter des Big Business. Ich finde, dass Big Business wichtig ist, um gesellschaftlich etwas zu bewegen. Daher begrüße ich es, wenn etablierte Industrieunternehmen auch in pflanzliche Alternativen und neue Lebensmittel investieren – und sei es aus Profitgründen. Was ist so schlimm daran, Geld mit etwas zu verdienen, das einem höheren gesellschaftlichen Nutzen dient? Inzwischen verstummen die kritischen Stimmen, weil sie live erleben, wie wir am Markt agieren und welche neuen Potenziale wir für pflanzliche Produkte erschließen. Wir erreichen dank unserer enormen Präsenz Kundengruppen, die sich bisher nicht in einen veganen Laden getraut haben. Vorurteile werden abgebaut und davon partizipieren am Ende alle. Unterm Strich muss man immer wieder darauf aufmerksam machen, dass wir uns mit veganen Produkten immer noch in einem Mikrokosmos befinden. Der Markt ist riesig und das Angebot dagegen verschwindend gering. Bevor sich die Pioniere des veganen Business gegenseitig zerfleischen, sollten alle Beteiligten ihren Fokus auf die Kunden/innen und die Beratung/Aufklärung legen.

Welche Regionen im deutschsprachigen Raum sind offener für Veganismus, welche nicht?
Natürlich sind gerade die großen Städte und Ballungsräume im Moment noch offener für den Veganismus. Gerade Berlin zählt ja auch im internationalen Vergleich als Hotspot für Veganer. Im ländlichen Raum ist das oft noch anders aber auch da gibt es regionale Unterschiede. Aber auch dort wird es immer einfacher, sich vegan zu ernähren und vegane Produkte zu erstehen – und damit steigt auch die Anzahl potentieller Veganer. Daher arbeiten wir auch daran, dass unsere Produkte, in Zusammenarbeit mit dem Lebensmitteleinzelhandel, immer großflächiger erhältlich sind.

Zu mir kommen immer wieder Klienten, denen von ihrem Arzt eine überwiegend vegane Ernährungsweise empfohlen wurde. Für sie stellt dies enorme Einschränkungen dar. Wieso ist es für viele Menschen so schwer, sich vegan zu ernähren? Was könnte ihnen den Zugang erleichtern?
Es ist vor allem eine Gewöhnungssache. Der Großteil der Menschen ist es gewohnt, mit Fleisch und anderen tierischen Produkten wie Käse, Milch und Eiern aufzuwachsen und sich von diesen zu ernähren. Der Ausblick darauf, dass altbekannte auf einmal komplett aus dem Ernährungsplan wegzustreichen, kann für viele erst einmal überfordernd wirken. Ein Problem ist auch die Informationslage und die häufig eher erschreckende Berichterstattung über vegane Ernährung. Dabei ist es so einfach, sich vegan zu ernähren, wenn man sich etwas intensiver mit der Thematik auseinandersetzt. Obst, Gemüse, Nüsse und Hülsenfrüchte enthalten alles für eine ausgewogene pflanzliche Ernährung und haben soviel Potential für spannende Zubereitungsmöglichkeiten. Man muss den Leuten nur die Angst nehmen, sich damit auseinanderzusetzen. Für den Einstieg sind aber auch vegane Produkte, die sich an bekannten Fleisch- oder Käseprodukten orientieren, sehr hilfreich – und auch dafür wächst der Markt immer weiter. Wichtig ist bei solchen Fertigprodukten die klare Deklaration als vegan und natürlich auch der leichte Zugang zu solchen Produkten – woran wir mit unserer Strategie arbeiten!

Was macht es deiner Meinung nach diesen Menschen so schwer, sich von tierischen Produkten zu lösen? Was kannst du Menschen mitgeben, die sich bislang mit einer Umstellung schwer getan haben?
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und daher fällt es ihm schwer, sich aus den gewohnten Ernährungsmustern zu lösen. Viele haben die Befürchtung, dass es schwer ist, sich rein pflanzlich zu ernähren! Aus allen Produkten, die man auch in einer omnivoren Ernährung zu sich nimmt, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse, Öle, kann man sich eine tolle und ausgewogene vegane Ernährung zusammenstellen. Vegan ist weder schwer, noch langweilig, noch ungesund, wie oft gedacht wird. Man muss sich einfach mal überwinden, sich informieren und die vegane Lebensweise ausprobieren. Viele Menschen werden sich wundern, wie einfach es doch ist.

Können auch körperliche Abhängigkeiten von Fleisch- oder Milchprodukten aufgrund von suchtmachenden Stoffen bestehen, die in unserer Gesellschaft noch eher ein Tabuthema darstellen?
Inzwischen ist ja bekannt, dass vor allem Käse eine leicht süchtig machende Wirkung hat. Auch deswegen hört man von vielen Personen, dass es ihnen am schwersten fallen würde, auf Käse zu verzichten. Doch auch diese Effekte verschwinden, wenn man sich eine gewisse Zeit davon befreit hat.

Wie reagierst du auf die häufig geäußerte Kritik, dass Veganismus eine gesundheitsgefährdende Mangelernährung darstellt und aufgrund dessen viele Supplementierungen benötigt?
Das ist Quatsch! Jede Ernährungsform kann gesundheitsgefährdend sein und mit Mangelerscheinungen einhergehen. Und wenn man sieht, welche Krankheitsbilder heutzutage auch klar bedingt durch zu hohen Konsum tierischer Produkte sind, sollte man eher darüber sprechen, dass Veganismus die klar gesundheitsförderndere Ernährungsweise ist. Wichtig ist, wie bei jeder Ernährungsform, eine ausgewogene und bedachte Ernährung. Das einzige, was ein Veganer supplementieren muss, ist das Vitamin B12, was inzwischen aber auch auf vielfältige und einfache Weise möglich ist.

Als Leiter einer Supermarktkette und eine Person des öffentlichen Lebens bist du vermutlich sehr viel Stress ausgesetzt. Früher warst du Manager bei Daimler und musstest ebenso mit Stress umgehen. Inwiefern beeinflusst deine vegane Ernährungsweise deinen Umgang mit Stress?
Der Umgang mit den vielen Arbeitszeiten und dadurch oft bedingtem Stress hängt maßgeblich an der Motivation. Früher bei Daimler habe ich mich immer profilieren wollen, ich habe nach Macht und Statussymbolen gestrebt. Als mir diese alle verwehrt worden sind, bin ich in ein Burn-Out gefallen. Ich musste mich komplett neu finden. Heute habe ich mindestens genauso viel Arbeit, jedoch weniger Stress. Das liegt daran, dass ich ein Ziel verfolge, zu dem ich zu hundert Prozent stehe und mich auch täglich daran freuen kann, wie viel Veganz bereits erreicht hat.

Verändert sich bei veganer Ernährung nur das Essverhalten, oder hat vegane Nahrung deiner Meinung nach auch Einfluss auf Psyche und Befinden?
Wer sich vegan ernährt, tut das zumeist, nachdem er sich mit den verschiedenen sehr aktuellen Thematiken wie Tierwohl, Nachhaltigkeit, Gesundheit beschäftigt hat und sich mit den heutzutage zumeist praktizierten Formen nicht identifizieren kann. An mir selber habe ich bemerkt, dass ich ein viel größeres Bewusstsein und mehr Rücksicht gegenüber der Natur, den Tieren, aber auch meinem Umfeld entgegenbringe. Für mich klingt das sehr logisch, aber natürlich ist nicht jeder Veganer gleich.

Lieber Jan, vielen Dank für deine sehr interessanten Ausführungen, deine Zeit und deine Einblicke in deinen Alltag und deine Arbeit. Ich wünsche dir und dem gesamten Team von Veganz weiterhin viel Erfolg. Möget ihr mit der euren Produkten den Menschen weiterhin zu Gesundheit, Vitalität und Lebensfreude verhelfen.

-Eure Diana Hellers-

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Bildquellennachweis: https://www.dianahellers.com/bildquellennachweis/

Vegan – Gesundheit und Umwelt zuliebe, Diana Hellers